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Produktdetails
  • Verlag: Hoffmann und Campe
  • Originaltitel: Worst Fears
  • Seitenzahl: 252
  • Abmessung: 26mm x 134mm x 209mm
  • Gewicht: 386g
  • ISBN-13: 9783455081343
  • ISBN-10: 3455081347
  • Artikelnr.: 08870920
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2000

Schlangenbisse
Drum quäle, wer sich ewig bindet: Fay Weldons "Beste Feindinnen"

Als Alexandra dem Sarg ihres Mannes einen kräftigen Tritt verpaßt, kommt die Welt wieder in Ordnung. Bis dahin hatte sie sich innerhalb weniger Tage mit der ausufernden Promiskuität des Verstorbenen vertraut machen müssen. Ihr Mann Ned, so stellte sich heraus, hatte das Bett mit Alexandras Freundinnen geteilt, während sie als gefeierte Ibsen-Schauspielerin in London auf der Bühne stand. In den Tagen nach seinem plötzlichen Tod (ein klassischer Herzinfarkt beim außerehelichen Liebesspiel) verliert sie alle Illusionen über eheliche Treue und Loyalität, angeleitet von ihren Freundinnen, die erst ein Gespinst von Lügen um Neds Tod ausbreiten, um Alexandra dann um so lustvoller mit Details vertraut zu machen. Alexandras Freundinnen sind das eigentliche Thema des Buches. Sie erpressen einander in ständig wechselnden Koalitionen und wahren dabei den Schein gegenseitiger Verbundenheit: Wann immer eine der Frauen "Wir sind doch Freundinnen!" sagt, empfiehlt sich höchste Wachsamkeit. Erst als sich Alexandra auf das elende Spiel einläßt, gewinnt sie die Initiative zurück - ein aus Feldons Romanen vertrautes Motiv. Dieser Wandel wird behutsam vorbereitet, indem allmählich auch aus ihrer Vergangenheit unschöne Dinge berichtet werden: Hatte nicht auch sie ihren Ned einer anderen Frau abspenstig gemacht? Eine Affäre mit einem Schauspielerkollegen angefangen, unter der, wie die hilfreichen Freundinnen kolportieren, der arme Ned unsagbar gelitten habe? Diese Dimension eigener Schuld tut der Figur entschieden gut. So sieht sich der Leser wie auch Alexandra selbst zunehmend mit der Frage konfrontiert, ob und worin sich Neds Witwe von ihren Freundinnen Vilna, Abbie und Jenny eigentlich unterscheide.  

Indem sich das Buch jedoch allzusehr auf Alexandras Teilhabe am giftigen Spiel unter Frauen konzentriert, verliert sich leider die beeindruckende Geschlossenheit der ersten Kapitel, deren einzelne Abschnitte oft zu kleinen Kürzestgeschichten gerundet sind und damit nicht zuletzt Alexandras fragmentarische Wahrnehmung der Welt nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes abbilden. Statt dessen finden sich zunehmend geschliffene Bissigkeiten, Intrigen und sarkastische Dialoge von hohem Unterhaltungswert.  

Die Axiome des Buches - Männer sind Ratten, Frauen Giftschlangen; wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt - reichen nicht unbedingt für einen großen Roman, füllen aber die 250 Seiten von "Beste Feindinnen" mit zuverlässiger Kurzweil. Immerhin.

TILMAN SPRECKELSEN

Fay Weldon: "Beste Feindinnen". Aus dem Englischen übersetzt von Sigrid Ruschmeier. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000. 256 S., geb., 39,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.02.2001

Wunden für die Witwe
Fay Weldons Roman „Beste Feindinnen”
Vilna will die Leiche sehen. Gemeinsam mit ihrer Freundin Abbie besucht die Frau den beim Bestatter aufgebahrten Ned. Alexandra, die Witwe, steht nach dem überraschenden Tod ihres Mannes noch unter Schock und sieht in einer Vision, wie sich der Verstorbene von ihr in einen Nebelwald entfernt, grußlos und ohne sich auch nur umzudrehen.
Die Geschichte einer Trauerarbeit, die sich hier ankündigt, findet jedoch ein vorzeitiges Ende. Die britische Autorin Fay Weldon erzählt eine Story von Betrug, Verrat und Heuchelei. Der englische Originaltitel heißt „Worst Fears”: Es geht um die Befürchtungen der Witwe, die noch weit schlimmer sind, als sie sich zunächst ausmalen kann.
Auf den ersten Blick haben die Ludds eine Bilderbuch-Ehe geführt, ausgestattet mit allem, wovon Frauen angeblich träumen. Alexandra gilt als attraktiv und intelligent, kann sich über ihren vierjährigen Sohn ebenso freuen wie über die Erfolge, die sie als Schauspielerin in London hat; und auf dem Land besitzt das Paar ein wunderbares, mit teuren Antiquitäten eingerichtetes Haus. Ned war ein gefragter Theaterkritiker, schrieb Bücher über Ibsen und war in Alexandras Augen ein in jeder Hinsicht vorbildlicher Lebensgefährte. Doch dieser Traummann, mit dem sie 12 Jahre verheiratet gewesen ist, war ein gemeiner Schuft. Dass Alexandra die bittere Wahrheit nun scheibchenweise erfährt, macht für sie alles nur noch schmerzhafter. Uner- bittlich betreibt Fay Weldon die postume Demontage des vermeintlichen Bilderbuchglücks. In der Nacht seines Todes hatte sich Ned ein Video von „Casablanca” angesehen, aber schon nach zehn Minuten wieder abgebrochen. Doch wie kam es, dass Alexandras Freundin Abbie die Leiche am folgenden Morgen schon um 5. 30 Uhr gefunden hat, ausgerechnet im Haus des Ehepaars, während Alexandra noch in London war? Weshalb trieb sich die kaum bekleidete Jenny Linden draußen im Garten herum und reagierte auf Neds Tod, als wäre sie die Witwe?
Ned hatte seine Frau jahrelang belogen und betrogen, er hatte nicht nur eine Affäre mit der unattraktiven, pummeligen Jenny, sondern war auch noch mit Erfolg hinter Alexandras Freundinnen her, bis ihn schließlich der Tod beim Sex ereilte. Alle hatten davon gewusst, lediglich die Witwe war ahnungslos geblieben. Nach ihrem Mann sterben ihre Illusionen und die schönen Bilder der Erinnerung. Dass sie ihm keine Fragen mehr stellen und auf keine Erklärung mehr hoffen kann, macht den Abschied nur noch radikaler.
Nicht genug damit: Ned war nicht einfach ein schwacher Mann, der jeder erotischen Versuchung nachgegeben hätte – er hat seine Frau mit brutaler Zielstrebigkeit ausgetrickst. Alexandra muss erfahren, dass sie weder das Landhaus noch die Antiquitäten und schon gar nicht die Wohnung in London erben wird. Auch materiell steht sie vor dem Nichts, und nur ihr Beruf öffnet ihr eine neue Perspektive.
Das klingt alles nach Frauenpathos und Hass auf die Männer. Doch Fay Weldon ist zu klug und als Autorin zu versiert, um ein feministisches Pamphlet in Romanform zu schreiben. Ihr Interesse gilt dem unsicheren Boden, über den ihre Figuren gehen, den Abgründen, die sich vor ihnen öffnen können, dem Bösen, das sich hinter den Fassaden von Glück und Erfolg verbirgt. Weldons Heldin wird nicht nur das Opfer des treulosen Ehemanns, sondern auch von ihren verlogenen Freundinnen verraten und hintergangen. Und immer wieder gibt es unauffällige Indizien, dass die betrogene Ehefrau mit ihrer Egozentrik keineswegs unschuldig war an der Katastrophe.
Vor allem aber hat die Tonart des Buchs nichts zu tun mit den Beschwerden schreibender Klageweiber. Unterschwellig ist sogar das Vergnügen zu spüren, das die Autorin, die sich seit vielen Jahren immer wieder mit teuflischen Bösartigkeiten beschäftigt, bei der lückenlosen Konstruktion dieser Intrige geleitet haben mag. Eine mitunter sehr kalte Ironie prägt diesen Roman, der indes nie in Zynismus abgleitet, auch nicht im Finale, bei dem die Autorin ihre Protagonistin Rache nehmen und einfach alles in Brand setzen lässt, um dann diese kleine Welt des großen Betrugs in Richtung Hollywood zu verlassen.
Allerdings steckt in diesem Roman die Distanz der Routine: Was über die arme Witwe hereinbricht, verläuft nicht nur unerbittlich, sondern auch so mechanisch, dass die Anteilnahme des Lesers davon empfindlich gestört wird. Auch Fay Weldon muss das gespürt haben, denn die überzeugendsten und originellsten Anmerkungen zum schlimmen Zustand der Welt finden sich weit neben der erzählten Story, wie etwa die sarkastische Schlussfolgerung aus der Aufsplitterung des alten Jugoslawiens. Jetzt, schreibt Fay Weldon, dürfen sie fünf Teilnehmer zum europäischen Song-Festival schicken.
H. G. PFLAUM
FAY WELDON: Beste Feindinnen. Roman. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Hoffmann & Campe, Hamburg 2000. 256 Seiten, 39,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Stärke dieses Romans liegt nach Tilman Spreckelsen vor allem darin, dass die Protagonistin selbst nicht frei von Schuld ist - selbst wenn nicht sie es war, die ihren Mann ermordet hat. Doch hat es in ihrer Vergangenheit "unschöne Dinge" gegeben, wie der Rezensent verrät, die sie um nicht viel besser erscheinen lassen als die intriganten Freundinnen. Im ersten Teil des Buchs macht Spreckelsen in sich geschlossene "Kürzestgeschichten" aus, die ihm besonders deswegen gut gefallen, weil auf diese Weise die "fragmentarische Wahrnehmung" der Protagonistin nach dem Tode ihres Mannes ausgedrückt werde. Nach und nach treten jedoch "geschliffene Bissigkeiten, Intrigen und sarkastische Dialoge" in den Vordergrund, so Spreckelsen, der das Buch offenbar mit großem Vergnügen gelesen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH